Eine Strategie – na klar haben wir!

Derzeit gibt es so viele Krisen in der Welt, dass man fast jeden Tag in den Nachrichten über neue Krisenherde informiert wird. Der BREXIT ist noch nicht geregelt, Nordkorea spielt mit der Atombombendrohung, im Nahen Osten geht der Krieg weiter, die Ukraine-Krise ist ungelöst und so weiter. Da ist es umso wichtiger mit der richtigen Unternehmensstrategie möglichen Folgen der verschiedenen global wirkenden Krisenherde entgegen zu wirken!


Wenn man als Berater heute in Unternehmen nachfragt, ob es eine Strategie gibt, dann bekommt man oft mit empörtem Unterton die Antwort: „Na klar!“. Bei Nachfragen zeigt sich jedoch häufig, dass es zwar ein übergeordnetes Unternehmensziel, aber oftmals keine Strategie gibt. Oder es gibt strategische Ziele und Maßnahmen, diese sind jedoch z. B. nicht bei allen stringent im Unternehmen kommuniziert oder gar mit den Geschäftsprozessen abgeglichen. Grundsätzlich ist es leider derzeit immer noch so, dass vor allem viele mittelständische Unternehmen keinen durchstrukturierten Strategieprozess haben. Aber ohne klare Strategie gibt es auch keine Risikoprävention – womit wir wieder beim Krisenmanagement angekommen sind. 
Wussten Sie, dass mangelhafte oder gar fehlende Strategien zu den unternehmerisch höchsten Risikofaktoren gehören?

Das Thema Unternehmensstrategie ist eben viel komplexer, als es sich vordergründig darstellt. Als Berater erlebe ich immer wieder, wie unterschiedlich in vielen Unternehmen die Begriffe Vision, Strategie und Ziele im Verständnis sind. Viele Führungskräfte vertreten zudem die Meinung, dass das Thema Vision unternehmerisch vollkommen überbewertet wird (nach dem Motto von Altkanzler H. Schmidt : „Wer Visionen hat soll zum Arzt gehen!“). Entsprechend werden häufig keine oder „falsche“ Visionen entwickelt. Das führt dann bei der Entwicklung und Umsetzung einer Strategie zu erheblichen Problemen bezüglich der Definition zielführender Maßnahmen. Ich bevorzuge auch deshalb die Denkweise von Erich Fromm: „Wenn das Leben keine Vision hat, nach der man sich sehnt, dann gibt es auch kein Motiv, sich anzustrengen.“ 
Andere Führungskräfte wiederum widmen der Formulierung einer Vision eine geradezu epische Breite und vergessen darüber, dass die strategische Komponente genauso wichtig und ein entscheidender Faktor für den unternehmerischen Erfolg ist. Dass der Begriff „Strategie“ von Managern nicht einheitlich verstanden wird, zeigt sich auch darin, dass manche Unternehmen mehrfach im Jahr die Strategie ändern. Kein Wunder, wenn sich dann Mitarbeiter über „Richtungslosigkeit“ beschweren. Mehrheitlich geht es aber in diesen Fällen eher um die Änderung der Taktik, nicht um eine grundsätzliche Strategieänderung. Im militärischen Jargon spricht man davon, dass mit einer guten Taktik eine Schlacht gewonnen werden kann, jedoch die richtige Strategie den Krieg entscheidet.

So ist es bei Firmen ein häufig auftretendes Problem, dass in internen Diskussionen die Vorstellung, wie die Begriffe Strategie, Ziel oder Maßnahme zu verstehen sind, nicht geklärt sind (Maßnahmen sind notwendig, um eine Strategie umzusetzen; Maßnahmen wiederum können zusammen gesetzt sein aus vielen Einzelaktionen). Ich saß schon mit Vorständen oder Geschäftsführern zusammen und wir mussten zuerst einmal noch die Begriffsmissverständnisse klären, bevor es zur inhaltlichen Diskussion kam. Mangelnde Klarheit bezüglich der Begriffsdefinitionen führt dann bei der Umsetzung einer Strategie zu erheblichen Irritationen und Missverständnissen, die im schlechtesten Fall zu einem stillen Boykott bei Führungskräften und Mitarbeitern der vom Management definierten Vorgaben führen können. 
Im Folgenden stelle ich komprimiert die wesentlichen Aspekte des Strategieentwicklungsprozesses dar.

1. Schritt Visionsformulierung:

Welche langfristige Zielsetzung haben wir (unter Berücksichtigung u. a. auch des Unternehmensleitbildes, Mission)?
 Am Anfang des Strategieprozesses steht die Formulierung einer Vision mit folgenden Merkmalen:
– Sie muss vorstellbar sein, also den betroffenen Mitarbeitern und Führungskräften ein Bild von der Zukunft des Unternehmens vermitteln.
– Sie sollte durchführbar sein, also zwar ambitioniert sein, aber die Ziele erreichbar.
– Sie muss fokussiert sein, um als Leitgedanke für zukünftige strategische Entscheidungen zu dienen.
– Sie sollte flexibel genug sein, damit auf veränderte Rahmenbedingungen individuell reagiert werden kann.
– Sie sollte leicht vermittelbar und begreifbar sein.
 Wer ist verantwortlich? Wer soll aktiv mitarbeiten?
Die Formulierung einer Vision ist in erster Linie Aufgabe von Vorständen oder Geschäftsführung. Es ist jedoch ratsam, die erste Version der Vision mit dem obersten Führungskreis (z. B. Fachbereichsleiter) zu diskutieren und dabei die Umsetzbarkeit zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Dies verhindert, dass die Vision zu abgehoben wird und sichert die Akzeptanz im Unternehmen.

2. Schritt Strategieformulierung:

In welchen Geschäftsfeldern wollen wir uns engagieren (Festlegung von Unternehmensstrategie, Wettbewerbsstrategie, Funktionsstrategie/Fachbereichsstrategie). Wenn möglich, sollten schon in dieser Phase mögliche erkennbare Risiken aufgedeckt und bewertet werden.
 Wer ist verantwortlich? Wer soll aktiv mitarbeiten? 
Verantwortlich sind in letzter Konsequenz auch hier Vorstände und Geschäftsführung. 
In diesem Schritt muss aber auch wieder das obere Management aktiv eingebunden sein und seinen Beitrag leisten, denn diese Führungskräfte sind später in erster Linie für die Operationalisierung dieser Strategien verantwortlich.

3. Schritt Strategieabgleich:

Jetzt werden die skizzierten Strategien abgeglichen mit den realen derzeitigen Bedingungen, die sowohl den Markt (Umweltanalyse: Branchen, Chancen, Risiken) wie auch die im Unternehmen vorhandenen Rahmenbedingungen betreffen (Unternehmensanalyse: Stärken, Schwächen, Ressourcen usw.). 
Wer ist verantwortlich? Wer soll aktiv mitarbeiten?
 Auch in diesem Arbeitsschritt müssen alle oberen Führungskräfte (Fachbereichsleiter, Abteilungsleiter usw.) des Unternehmens aktiv mitarbeiten, da hier Expertisen aus den verschiedenen Fachbereichen in die Gesamtanalyse eingebunden werden.

4. Schritt Strategieimplementierung:

Zentrale Fragestellung ist, welche Maßnahmen müssen wir umsetzen/sind sinnvoll, damit wir unsere Vision erreichen (Abteilungs- und Individualziele formulieren)? Sinnvoll wäre in diesem Schritt die Umsetzung durch klassische Zielvereinbarungen (MbO).
 Wer ist verantwortlich? Wer soll aktiv mitarbeiten?
 Alle Führungskräfte sind in diesem Prozessschritt eingebunden und mitverantwortlich.

Zum Abschluss nochmals in Kürze wichtige Faktoren, die zu einer effektiven und effizienten Umsetzung einer Unternehmensstrategie beitragen:

  • Klären Sie das Verständnis der Begriffe Vision, Strategie, Maßnahme und Ziel im Führungskreis.
  • Binden Sie die Führungskräfte in den Strategiefindungsprozess ein.
  • Bewerten Sie die strategischen Komponenten und Maßnahmen auch auf Risiken, denn jedes erkannte Risiko ist eine Chance und kann mit bestimmten Strategien oder Taktiken minimiert oder ausgeschaltet werden.
  • Veröffentlichen Sie die Unternehmensvision und auch die Mission, jeder Mitarbeiter sollte sie kennen.
  • Setzen Sie die entwickelten Strategien und Maßnahmen in einen für alle Führungskräfte einsehbaren transparenten Aktionsplan ein.
  • Kontrollieren Sie den Aktionsplan (Statusberichte der Führungskräfte) regelmäßig bezüglich Umsetzung und passen sie gegebenenfalls die Maßnahmen neuen Erkenntnissen an.